Durch geeignete Abklärung und Therapie können 80 Prozent der Betroffenen von ihrem Leiden geheilt werden und bei den restlichen 20 Prozent lässt sich durch eine gute Hilfsmittelversorgung der Alltag erträglicher gestalten, so der Ratgeber der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V.
Je nach Diagnose des Patienten eröffnen sich verschiedene Möglichkeiten der Therapie, die für viele Patienten zu einer Verbesserung der Situation oder auch zu einer Heilung führt. Für eine erfolgversprechende Therapie ist eine vollständige Diagnose notwendig, die sich orientiert an der Form und dem Schweregrad der Harninkontinenz.
Ob konservative oder operativer Ansatz zur Therapie – in der modernen Medizin stehen eine Reihe von Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Welche Therapie bei Harninkontinenz? 10 Methoden im Überblick ...
1. Beckenbodentraining/ Beckenboden-Gymnastik
Mittels Unterweisung durch einen Physiotherapeuten lernt der Betroffene, wie sich die der Druck auf den Beckenboden minimieren und schlechte Anspannungsmuster ablegen lassen. Zusätzlich lernt der Patient, den Beckenboden zu stärken dank eines entsprechenden Trainings. Oft ist die Beckenboden-Gymnastik das Mittel der Wahl für Frauen nach der Geburt.
2. Pessar – Speziell bei Harninkontinenz von Frauen
Sinnvoll ist eine Therapie mit Pessaren, wenn die Ursache der Stress- oder Belastungsinkontinenz auf das Abknicken der Harnröhre zurückzuführen ist. Pessare sind Medizinprodukte, die diskret in die Vagina eingeführt werden. Dort stützen sie die Harnröhre, stellen die natürliche Anatomie der Frau wieder her und verbessern langfristig bei regelmäßiger Anwendung den Muskeltonus.
3. Harninkontinenz – Versorgung mit Kathetern
In Pflegeeinrichtungen, Kliniken oder bei der Versorgung zuhause: Hilfsmittel wie Katheter nehmen in der Kontinenzversorgung eine bedeutende Rolle ein, geben dem Patienten ein sicheres Gefühl und es gibt sie in vielfältigen Varianten. Unabhängig davon, ob es sich um einen Fremd- oder Selbstkatheterismus (ISK) handelt, wird ein Schlauch in die Harnblase eingeführt. Dies kann transurethral oder suprapubisch erfolgen. Ferner wird unterschieden nach Dauerkatheter oder Einmalkatheter.
4. Biofeedbacktraining
Wahrnehmung ist alles! Nur wer weiß, welche Muskeln er oder sie anspannen muss, der kann gezielt seinen Beckenboden trainieren. Dabei hilft das Biofeedbacktraining. Eine kleine Sonde misst die Kontraktionen. Auf diese Weise kann der Patient erkennen, ob er beim Beckenbodentraining, auch die richtigen Muskeln anspannt.
5. Elektrotherapie
Bei dieser Therapieform handelt es sich um eine passive Möglichkeit zum Training des Beckenbodens. Dazu stärken elektrische Impulse entsprechende Muskeln. Komplett schmerzfrei versteht sich.
6. Miktionstraining zur Therapie der Harninkontinenz
Die Grundlage eines erfolgreichen Miktionstrainings ist die exakte Beobachtung des Toilettenverhaltens unter ärztlicher Aufsicht, selbst wenn das Training zu Hause erfolgt. Zum Einsatz kommt dabei ein sogenanntes Miktions- oder Trinktagebuch. Darin führt der Patient Protokoll, wie stark der Harndrang ist, wie viel Flüssigkeit ausgeschieden oder getrunken wurde. Anschließend erstellt der behandelnde Mediziner ein Trink- und Miktionsplan, der vorschreibt, welche Mengen getrunken und wann Toilettengänge erfolgen dürfen (selbst ohne Harndrang). Zweck der Maßnahme ist es, unkontrollierten Harndrang zu unterbinden, indem die Blase geregelt entleert wird.
7. Harninkontinenz behandeln mit Hormonen
Belastungs- beziehungsweise Stressinkontinenz ist oftmals auch auf hormonelle Ursachen zurückzuführen. Eine Hormonbehandlung kommt insbesondere bei weiblichen Patienten zum Einsatz, wenn sich die Inkontinenz entwickelt hat während oder nach den Wechseljahren. Die Behandlung erfolgt meist mit einem lokalen Östrogenpräparat.
8. Inkontinenz - Medikamentöse Behandlung
Zur Wahl stehen, je nach Diagnose, entweder krampflösende Medikamente bei Dranginkontinenz oder Alpharezeptorblocker. Letztere dienen der Behandlung von Überlaufinkontinenz oder Reflexinkontinenz.
9. Einlagen und Pants/ Unterhosen
Zu den aufsaugenden Inkontinenzhilfsmitteln zählen Einlagen in diversen Größen und Saugstärken. Aber auch Pants stehen zur Verfügung, die sich speziell eignen bei mittlerer bis starker Inkontinenz. Im Gegensatz zu den Einlagen, die in die Unterhose geklebt werden oder als Netzhose angezogen wird, stellen Pants eine Kombination aus Unterwäsche und Einlage dar.
10. Harninkontinenz – Operative Therapie
Operationen sind das Mittel der Wahl bei einer extraurethralen Inkontinenz, wenn beispielsweise ein Verschluss durch eine Fistel vorliegt. Auch eine vergrößerte Prostata ist ein Operationsgrund. Nichtsdestotrotz, eine Operation bei Harninkontinenz wird nur dann durchgeführt, wenn die nicht-operativen Therapiemaßnahmen erfolglos bleiben. Zur Umsetzung: Ziel der unterschiedlichen Operationsmethoden ist es, die Muskulatur des Beckenbodens zu straffen und die Harnröhre wieder aufzurichten. Die Erfolgsquoten sind hoch. Bei ca. 80 % der Patienten tritt eine Heilung oder starke Besserung ein.